Beschreibung
Aus dem Editorial von Transhelvetica #64 «Schwarz», April 2021:
Silvia Binggeli: Vielen Dank, dass ich bei der Umsetzung dieser wertvollen Ausgabe dabei sein darf. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, eine ganzes Magazin zu Schwarzen in der Schweiz zu machen?
Jon Bollmann: Die Vielfalt der Schweiz war schon immer unser Thema, weil wir darin Lebensqualität und Schönheit sehen.
SB: Doch nun stellt ihr statt Orten plötzlich Menschen in den Mittelpunkt. Warum ausgerechnet zu diesem Thema?
JB: Seit dem Erfolg der Black Lives Matter Bewegung wird Rassismus auch in der Schweiz intensiver diskutiert. Wir haben beschlossen, unseren Beitrag zu diesem Thema zu leisten. Dabei erschien es uns passend, einen persönlichen Zugang zu wählen: je besser man die Geschichte der «anders» aussehenden Menschen und ihre kulturelle Vielfalt kennt, desto schwieriger wird es, an rassistischen Stereotypen festzuhalten.
SB: Hat Euch die Komplexität des Themas nicht abgeschreckt?
JB: Dank dem persönlichen Ansatz hatten wir in Kürze eine Vielzahl an tollen Protagonisten gefunden, deren vielfältigen Erfahrungen unsere transhelvetische Abenteuerlust weckten. Da war die Freude rasch grösser als die Bedenken.
SB: Inwiefern war die Heftwerdung diesmal anders als üblich?
JB: Es war eine psychologische Herausforderung, weil wir bei der Vorbereitung auch auf lautstarke Kritiker stiessen, die uns verbieten wollten über das Thema zu reden. Das bremste unseren Tatendrang und es gab Momente, in denen wir die Ausgabe fast gestrichen hätten. Aber dann sagten wir uns, dass dies die schlimmstmögliche Reaktion auf den Widerstand wäre: das Thema liegt auf dem Tisch. Schweigen ist keine Option. Auch Rassismusvorwurf einerseits und Rassismuskeule andererseits helfen nicht. Wir müssen aufeinander zugehen, erklären, diskutieren und verstehen.
SB: Gratulation! Ihr seid meines Wissens das erste Medium in der Schweiz, das dieser wichtigen Thematik jüngst eine ganze Ausgabe widmet – und das auf konstruktive, interessierte und offene Art. Statt Kontroversen zu portieren, bildet ihr Vielfalt als etwas Selbstverständliches ab. Tolles Engagement – zumal ihr nicht unbedingt als gesellschaftspolitisches Magazin bekannt seid.
JB: Wenn man unterwegs ist, hat man Zeit für Gedanken und Gespräche, daher möchten wir nicht nur eine Sammlung von Ausflugstipps bieten, sondern eben auch «food for thought». Mein Kopf lüftet besser und ist glücklicher, wenn er von frischen Ideen und Erlebnissen angeregt wird. Zudem tragen Medien auch eine Verantwortung. Transhelvetica möchte Position beziehen für Offenheit und Respekt.
SB: Welche Reaktionen wünschst Du dir?
JB: Ich würde mich freuen, wenn wir zu mehr Neugierde beitragen könnten. Ich empfinde es als Lebensqualität, dass hier so viele unterschiedliche Menschen leben, mit ihren eigenen Kulturen und Ansichten. Wir müssen unsere Definition von Schweiz und Schweizern erweitern, unser traditionelles Weltbild weiterentwickeln.
SB: Dann wünsche ich ganz viel Erfolg und Spass beim Entdecken und freue mich jetzt schon auf die nächsten Ausgaben.
JB: Danke! Es war grossartig mit Dir zu arbeiten.
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Zum Inhalt:
Vor rund siebzig Jahren reiste der amerikanische Schriftsteller James Baldwin nach Leukerbad und war «wohl der erste Schwarze Mensch in diesem Dorf», wie er später in einem Essay darüber schreibt. James Baldwin, ein Freund von Martin Luther King, gilt als einer der wichtigsten Schriftsteller in der Bürgerrechtsbewegung. Wir haben uns inspirieren lassen von seiner Geschichte und uns für die aktuelle Ausgabe nicht nur nach Leukerbad begeben, sondern erzählen weitere Lebensgeschichten in verschiedenen Hauttönen und erfahren was Basquiat in der Schweiz gemacht hat.
Begleiten Sie uns in der aktuellen Ausgabe Transhelvetica #64 «Schwarz» auf den Spuren von Schwarzen Menschen in der Schweiz.